Wie bringe ich das alles unter einen Hut?

Der Konflikt half, die besser Lösung zu finden

Österreichs Gastronomie und Hotellerie stehen vor einer Übergabewelle. Was bewegt Übergeber, wenn sie ihr Lebenswerk der nächsten Generation anvertrauen? Und was bewegt Übernehmer, wenn sie vor der Übernahme des elterlichen Betriebs stehen?

Autor: Clemens Westreicher

In den kommenden Ausgaben thematisiert Experte Clemens Westreicher exklusiv für Hotel & Touristik ausgewählte Fragen zur betrieblichen Nachfolge in Form von Tagebucheinträgen einer Nachfolgerin. Stimmungsvoll und sehr emotional, wie es sich in der Betriebsübergabe eben abspielt. Teil sechs: Der Konflikt half, die bessere Lösung zu finden!

Liebes Tagebuch. Seit mehreren Monaten führe ich nun als geschäftsführende Gesellschafterin unser Hotel. Zunehmend verstehe ich Papas Bemühungen potenzielle Konflikte anzusprechen und im Rahmen der Übergabe mittels gemeinsam erarbeiteter Leitlinien vorzubeugen.

Trotzdem „fliegen die Fetzen“

Trotzdem „fliegen die Fetzen“ zwischen meinem Bruder, er ist unser Küchenchef, und mir. In unserer letzten Führungssitzung – ein Instrument, das wir gemeinsam einführten, um uns regelmäßig auszutauschen – eskalierte die Situation. Lautstark stellte mein Bruder fest, dass ich keine Ahnung vom Restaurant-Geschäft habe! Da er seit mehreren Jahren unser gutbürgerliches und traditionsreiche À-la-carte-Restaurant erfolgreich führe, sei er überzeugt, dass mein geplanter Streetfood-Court nicht den Geschmack der Gäste treffe. Und überhaupt: Er glaube meinen Berechnungen nicht, dass das À-la-carte-Restaurant „unter dem Strich“ rote Zahlen schreibe. Zudem meinte ich zu hören, dass er in seinen Bart murmelte, er könne ja auch gehen, wenn er mir als Küchenchef nicht genehm sei.

Konstruktiv und lösungsorientiert

Papa und Mama hielten dazu sichtlich entspannt fest, dass das Hotel seit der Übergabe mir gehöre und ich die Letztentscheidung zu treffen habe.

Dem Geist unserer Übergabegespräche folgend, entschied ich mich, meine Weiterentwicklung unseres À-la-carte-Restaurant als Streetfood-Court zu überdenken und stattdessen gemeinsam mit meinem Küchenchef, der ja auch mein Bruder ist, eine gute Lösung zu suchen.

Das sagt der Nachfolgeberater

Die Tagebuchschreiberin befindet sich in einer anspruchsvollen Führungssituation. Trotz der Verankerung von Regelung zur Konfliktprävention in diversen Verträgen zur Übergabe sind Konflikte die Regel und weniger die Ausnahme. Daher gilt es darauf zu achten, wie die Familienmitglieder mit Konflikten umgehen bzw. wann und wie sie gelöst werden können. Der lösungsorientierte Umgang mit Konflikten ist anspruchsvoll und erlernbar.

Nutzbare Erfahrungswerte für Ihr Konfliktmanagement

  • Betreiben Sie grundsätzlich Konfliktprävention, z. B. durch einen regelmäßigen Austausch.
  • Werden Sie sich bewusst, dass in Familienunternehmen Konflikt ihre Wurzeln auch in den widersprüchlichen Logiken des Systems „Familie“ und des Systems „Unternehmen“ haben.
  • Erheben Sie die Problemlösung zum Ziel: Die Suche nach dem, was funktionieren könnte hat Vorrang vor dem, was nicht funktioniert.
  • Vermeiden Sie das „innerliche Aufstauen“ von Konflikten: Installieren Sie die 48-Stunden-Regel, nach der Konflikte innerhalb von 48 Stunden offen anzusprechen oder danach zu vergessen sind.
  • Unterstellen Sie ihrem Gegenüber gute Absichten und sehen Sie ihr Gegenüber als Partner in der gemeinsamen Suche nach tragfähigen Lösungen.