Nachfolgetrend: Geschwister übernehmen gemeinsam

Nachfolgetrend: Geschwister übernehmen gemeinsam

Österreichs Hotellerie steht vor einer Übergabewelle. Immer häufiger werden Hotels durch mehrere Geschwister gemeinsam übernommen. Dadurch steigt die Komplexität der Hotelübergabe und die Spielregeln für die Hotelführung ändern sich grundlegend. Für eine erfolgreiche Hotelführung durch Geschwister gilt es, die Führungs- und Organisationsstruktur gemeinsam weiterzuentwickeln.

Der Erfolg des österreichischen Tourismus ist unter anderem der Verdienst der eigentümergeführten Hotels. In einigen Hotels sind bis zu drei Generationen gleichzeitig um das Wohl der Gäste bemüht: Großeltern, Eltern und Kinder samt Schwiegerkinder. In den vorangegangenen Generationen erfolgte die Übergabe von Führung und Eigentum zumeist ungeteilt an eine Nachfolgerin bzw. einen Nachfolger. Die Geschwister werden finanziell abgefunden und arbeiten weiterhin im Hotel mit oder gehen einer beruflichen Beschäftigung außerhalb des Familienunternehmens nach.

Ein Chef

Für eine Vielzahl der Hoteliers ist diese Art der Übergabe die Wunschvorstellung. Dieser Wunsch deckt sich nur mehr teilweise mit den Lebens- und Arbeitsplänen der nächsten Generation.

Der Wettbewerbsdruck erhöht sich laufend. Gäste können aus einer Vielzahl von Beherbergungsalternativen in unterschiedlichsten Destinationen und Jahreszeiten wählen. Sie erwarten eine zeitgemäße Architektur, innovative Erlebnisse mit hoher Qualität der Produkte und Dienstleistungen zu angemessenen Preisen. Gleichzeitig stellen die Mitarbeiter der Generationen Y und Z hohe Ansprüche an ihren Arbeitsplatz und erwarten zeitgemäße Führungsmethoden. Die laufenden Investitionserfordernisse, der Druck auf Erlöse und Aufwendungen sowie die Sicherung der Finanzierung machen eine finanzwirtschaftliche Steuerung des Hotels unumgänglich.

Neben diesen Herausforderungen auf Unternehmensseite sind jene im privaten Bereich nicht weniger anspruchsvoll. Rollen und Erwartungen sind zunehmend schwieriger unter einen Hut zu bringen: Junior und Chef, Lebens- und Ehepartner sowie Elternteil, Familienmitglied, Freundin und Vereinsmitglied.

Kommen zudem noch Forderungen der Eltern nach Vorsorgezahlungen und unerfüllbare Abfindungsforderungender Geschwister hinzu, sind immer weniger Nachfolgende gewillt, das elterliche Hotel zu übernehmen und die Verantwortung allein zu tragen.

Mehrere Chefs – Verantwortung auf mehrere Schultern verteilen

Erfolgsversprechende Alternativen zur traditionellen Übergabe an eine Nachfolgerin bzw. einen Nachfolger sind gefragt. Oberstes Ziel ist es, die beste Lösung für alle Familienmitglieder zu finden und den Fortbestand als inhabergeführtes Hotel zu sichern.

Immer häufiger werden Hotels durch mehrere Geschwister gemeinsam übernommen. Dadurch sind Entscheidungen fortan durch mehrere Personen zu treffen. Das ändert die Spielregeln grundlegend, geht erfahrungsgemäß nicht von heute auf morgen und ist mit zum Teil heftigen Reibereien verbunden.

Den Übergabeprozess als Transformationsprozess nutzen

Damit Geschwister das Hotel gemeinsam erfolgreich weiterführen können, ist die wesentliche Voraussetzung, dass sich die Senioren und die Geschwister zu einer Weiterentwicklung der Führungs- und Organisationsstrukturbekennen. Grundlage dafür bildet eine gemeinsam erarbeitete Unternehmensstrategie. Die Geschwister definieren ihre Vision und gemeinsame Werte und Ziele. Die neue Führungs- und Organisationsstruktur leiten die Geschwister sodann gemeinsam von der Strategie ab. Die Aufgabenverteilung stimmen sie je nach Vorlieben, Interesse und Fähigkeiten untereinander ab und binden die Senioren und langjährige Mitarbeitende ein. Mit der Anzahl der Führungskräfte steigt der Kommunikationsbedarf. Dafür verständigen sich die Geschwister auf einen regelmäßigen und strukturierten Austausch. Die Führungs- und Organisationsstruktur wird regelmäßig überprüft und bei Bedarf angepasst. Geduld, Ausdauer, gegenseitige Unterstützung und Zugeständnisse an die jeweilige persönliche und fachliche Weiterentwicklung helfen, die Übernahme und den Transformationsprozess durch die Geschwister erfolgreich zu meistern.

Attraktives Zukunftsbild: Gemeinsam sind wir unschlagbar!

Durch die gemeinsame Übernahme des Hotels durch Geschwister wird die Chef- und Eigentümerrolle neu definiert. Die Verantwortung verteilt sich auf mehrere Schultern. Durch die klare Aufgabenteilung können die Geschwister sich auf ihre Vorlieben und Fähigkeiten in der Hotelführung fokussieren. Zudem kann je nach Lebensphase eines Geschwisters das Spannungsfeld „Unternehmenszeit-Familienzeit-Freizeit-Selbstzeit“ besser unter einen Hut gebracht werden. Darüber hinaus sind zeitgemäße Führungs- und Organisationsstrukturen nicht zuletzt für bestehende und neuzugewinnende Mitarbeitende attraktiv. In Summe wird die Hotelnachfolge für die nächste Generation wieder erstrebenswert. Die Fortführung der Familientradition, nämlich Gastgebersein, ist so auch in der nächsten Generation möglich.

Der nebenstehende Artikel erschien in der Printausgabe von hotel und touristik essenz 01/23 und kann hier heruntergeladen werden.

PDF Download

Die frühere H&T Nachfolgeserie „Wie bringe ich das alles unter einen Hut?“ finden Sie hier