Betriebliche Nachfolge

Betriebliche Nachfolge

Bei der Nachfolge und dem Generationswechsel in Ihrem Hotel stellen Sie und Ihre Familie wichtige Weichen für die Zukunft. Einerseits sind Sie gefordert, mit Ihrer Familie Lösungen zu entwickeln, die eine langfristige Existenz Ihres Hotels sichern. Andererseits sind diese Lösungen von allen Familienmitgliedern zu tragen, und zwar so, dass auch nach der Übergabe ein familiäres Auskommen möglich ist.

Die Tiroler Hotellerie ist geprägt von Familienunternehmen. Das Wesen von Familienunternehmen ist, dass Familie und Unternehmen sich gegenseitig beeinflussen. Die handelnden Personen nehmen in der Regele sowohl in der Familie als auch im Unternehmen mehrere Rollen gleichzeitig wahr. Diese sind nicht immer klar trennbar. So ist z. B. der Vater zugleich Vater, Geschäftsführer und Eigentümer des Hotels und sein Sohn ist Sohn und Küchenchef.

Insbesondere bei weitreichenden Entscheidungen, wie es die Hotelübergabe ist, führt diese Überlappung von Familie und Unternehmen häufig zu Spannungen. Eine Ent-Spannung erreichen Sie dadurch, dass Sie und Ihre Familie sich der beiden Systeme „Familie“ und „Unternehmen“ aktiv bewusst werden. Unterstützung bieten kann dabei das Instrument der drei Kreise „Familie“, „Gastgeber“ und „Hotel“ (vgl. Abb. 1).

Phasen einer Nachfolge im Hotel

Eine Hotelnachfolge ist in der Regel von drei Phasen geprägt, die sich von der

  • Phase der Willensbildung über die
  • Phase der Auslotung der Gestaltungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der familiären, betrieblichen und finanziellen Rahmenbedingungen bis hin zur
  • Phase der Umsetzung erstrecken.

Je nach familiärer, betrieblicher und finanzieller Ausgangslage nimmt jede Phase mehr oder weniger Zeit in Anspruch. Abhängig von der gewählten Nachfolgeregelung kann der Nachfolgeprozess mehrere Jahre dauern.

Drei Kreise für Ihre Willensbildung

Die drei Kreise „Hotel“, „Gastgeber“ und „Familie“ unterstützen Sie und Ihre Familie bei der Aufdeckung der Interessen, der Wünsche und der Erwartungen sowie der Ziele, die Sie und die Familienmitglieder an die Nachfolgelösung haben. Jeder Kreis lenkt alle von der Nachfolge Betroffenen auf die für sie relevanten Fragestellungen und hilft bei der Formulierung der individuellen Erwartungen und Ziele.

Denken Sie bei Familie nicht nur an Ihre engsten Familienmitglieder sondern auch an Ihre Schwiegerkinder und die Lebenspartnerinnen und Lebenspartner Ihrer Kinder.

Abb. 1: Das Familienunternehmen Hotel – Drei untrennbare Kreise

Clemens Westreicher - Drei Kreise - Familie-Gastgeber-Eigentum

 

Quelle: WESTREICHER CONSULTING in Anlehnung an Gersick, Davis, McCollom Hampton, Lansberg (1997): Generation to Generation, Life Cycles of the Family Business

Der Kreis Hotel

Den Fragestellungen im Kreis Hotel kommt eine hohe Bedeutung zu, denn in diesem Kreis wird die zukünftige Eigentümerstruktur des Hotels festgelegt. Hier können Fragestellungen beispielhaft wie folgt lauten:

  • Wer soll wann Eigentümer des Hotels sein?
  • Für den Fall, dass mehrere Eigentümer vorgesehen sind: Wann und wie können Eigentümer ausscheiden und wie sollen sie abgefunden werden?
  • Was soll mit dem nicht betriebsnotwendigen Vermögen geschehen, z.B. Eigentumswohnung, Grundstück?

Der Kreis Gastgeber

Im Kreis Gastgeber können die Fragestellungen beispielhaft wie folgt lauten:

  • Wer ist persönlich und fachlich am besten geeignet, die Gesamtführung des Hotels zu übernehmen?
  • Wann und wie soll die Gesamtführung von der Übergeber- auf die Nachfolgegeneration übertragen werden?
  • Wie sollen die erwirtschafteten Mittel verwendet werden:
  • Ausschüttung an die Familie oder
  • Reinvestition in das Hotel zum Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit?

Der Kreis Familie

In diesem Kreis können die Fragestellungen beispielhaft wie folgt lauten:

  • Wo soll die Übergebergeneration nach der Übergabe wohnen?
  • Wie kann verhindert werden, dass Konflikte in der Familie sich in die Kreise Hotel und / oder Gastgeber übertragen?
  • Für den Fall, dass mehrere Eigentümer vorgesehen sind: Wie kann das Zusammengehörigkeitsgefühl der Eigentümerfamilien gestärkt werden?

Zukunftsbild

Die drei Kreise dienen Ihnen ferner in der gemeinsamen Entwicklung der zukünftigen Rollen jedes einzelnen Familienmitglieds. Diese Rollen können reichen vom

  • „einfachen“ Familienmitglied (ohne Beschäftigung im Hotel und ohne Beteiligung am Hotel) und
  • ein im Hotel beschäftigtes Familienmitglied (ohne Beteiligung am Hotel) über
  • ein Familienmitglied mit Beteiligung am Hotel (ohne Beschäftigung im Hotel) bis hin zu
  • einem im Hotel beschäftigtes Familienmitglied mit Beteiligung am Hotel.

Der gemeinsame Willensbildungsprozess bildet idealerweise den Start Ihrer Nachfolgeplanung. Haben Sie und Ihre Familie die jeweiligen Ziele an die Nachfolgelösung für jeden Kreis formuliert, sind diese in einem nächsten Schritt unter „einen Hut“ zur bringen. Je nach Fortschritt in Ihrem Nachfolgeprozess sind vor dem Hintergrund neuer Erkenntnisse die Ziele gemeinsam entsprechend anzupassen. Eine anspruchsvolle Aufgabe! Diese Aufgabe bedarf erfahrungsgemäß mehrerer Gesprächsrunden und ist nicht immer frei von Konflikten. Auf jeden Fall sichert diese Vorgehensweise, dass einerseits alle Betroffenen am Nachfolgeprozess beteiligt sind. Andererseits sind alle über die „Hausaufgaben“ informiert, die für eine tragfähige Übergabelösung zu erledigen sind. Dies verbessert nicht zuletzt das Verständnis der weichenden Erben für die Notwendigkeit, eine Erbverzichtserklärung zu unterschreiben.

Hotel mit Perspektive

Parallel zur gemeinsamen Willensbildung sind die finanziellen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen, also einerseits die wirtschaftliche Lages des Hotels und andererseits Ihre sonstigen Vermögens- und Schuldenpositionen. Denn die Umsetzung der Erwartungen und Ziele im Hinblick auf die Hotelnachfolge wird maßgeblich davon bestimmt.

Die mittel- bis langfristige Existenz Ihres Hotels und somit Ihrer Tradition als Gastgeberfamilie hängt unter anderen davon ab, ob Sie Ihre Ansprüche, die Ansprüche Ihrer Familie sowie jene Ihrer Geschäftspartner mit den operativen Ergebnissen Ihres Hotels in Einklang bringen. Das übergeordnete Ziel Ihrer Nachfolgeregelung sollte daher lauten: Ich übergebe ein existenzfähiges Hotel an mein Kind bzw. meine Kinder. Existenzfähig ist Ihr Hotel dann, wenn zumindest

  • das bestehende Fremdkapital (Zinsen und Tilgung),
  • Investitionen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit,
  • die Kosten der Nachfolge wie beispielsweise laufende oder einmalige Zahlungen an die Übergebergeneration und an die weichenden Erben
  • und ein angemessener Unternehmerlohn

durch die zukünftigen Erträge des Hotels gedeckt werden können. Verbleibt nach Abzug der aufgeführten Verpflichtungen ein positiver Wert, ist die Übernahme des Hotels für Ihren Nachfolger eine echte Perspektive (vgl. Abb. 2).

Abb. 2: Vermögensposition Hotel – Ertragswert Ihres Hotels nach Abzug der Verpflichtungen

Clemens Westreicher - Hotel VermögenClemens Westreicher - Vermögen

Quelle: WESTREICHER CONSULTING

Der so ermittelte Vermögenswert Ihres Hotels dient Ihnen zudem als Vergleichsbasis zu den Werten Ihrer sonstigen Vermögenspositionen und den geplanten „Übergabepaketen“, die Sie an die weichenden Erben übergeben wollen bzw. schon übergeben haben, z. B. der Wert einer vermieteten oder selbstgenutzten, lastenfreien Eigentumswohnung oder ein Sparbuch.

Übergabefittes Hotel

Stellen Sie während einer ersten Bewertung Ihres Hotels hingegen fest, dass nach Abzug der oben erwähnten Verpflichtungen der Vermögenswert Null oder sogar negativ ist[1], sind Sie und Ihre Familie gefordert, das Hotel übergabefit zu machen. Auf jeden Fall sollten Sie das Hotel ihrem Nachfolger erst dann übergeben, wenn es übergabefit ist.

Übergabefit machen Sie Ihr Hotel indem Sie an mehreren Stellschrauben drehen. Fragestellungen zu den Stellschrauben können dabei z. B. wie folgt lauten:

  • Wie können wir das operative Ergebnis bzw. den GOP – Gross Operating Profit nachhaltig verbessern?
    Hinweis: Durch jede nachhaltige Verbesserung des GOPs erhöhen Sie automatisch den Ertragswert Ihres Hotels und somit Ihren Handlungsspielraum.
  • Wie können wir die Verpflichtungen reduzieren?

Das operative Ergebnis verbessern Sie und Ihre Familie durch die Steigerung der Erlöse und die Senkung der Kosten. Wie Sie aus Erfahrung wissen, ist beides eine anspruchsvolle Aufgabe. Die Verpflichtungen reduzieren Sie in einem ersten Schritt durch die Anpassung Ihrer Erwartungen und jene Ihrer Familie, z. B. durch eine Verringerung der Zahlungen an die Übergebergeneration und an die weichenden Erben. Zudem können Sie die geplanten Investitionen auf ihre Dringlichkeit und Notwendigkeit sowie Ergebniswirksamkeit und Rentabilität hin prüfen und priorisieren. Die Finanzierungsstruktur des Hotels verbessern Sie, in dem Sie z. B. zusätzliches Eigenkapital zur Verfügung stellen.

Alternative Nutzung

Für den Fall, dass alle Ihre geplanten Maßnahmen in Summe nicht die beabsichtigte Wirkung erzielen würden, nämlich Ihr Hotel übergabefit zu machen, stellt sich die Frage, ob die Nutzung Ihres Hotels als Hotel die beste Nutzungslösung darstellt. Je nach Standort und Lage Ihres Hotels bieten sich allenfalls alternative Nutzungsmöglichkeiten an, die langfristig gesehen für die Entwicklung Ihres Familienvermögens gesamthaft attraktiver erscheinen.

Experten sind teuer und nützen

Die bisherigen Ausführungen lassen zum Teil die großen Herausforderungen erahnen, die mit einem Generationswechsel im Hotel verbunden sind. Viele Fragestellungen betreffen zum Teil nicht das Tagesgeschäft eines Gastgebers. Lassen Sie sich daher frühzeitig durch Experten begleiten, z. B. in der Moderation Ihrer Familiengespräche, in der Bewertung des Hotels, in der Prüfung der steuerlichen sowie rechtlichen Wirkungen Ihrer Nachfolgevarianten und bei Bedarf auch in der Bewältigung von Konflikten in der Familie und im Unternehmen.

Umsetzung der Nachfolge

Nach gemeinsamer Auslotung möglicher Nachfolgelösungen und deren Bewertung liegt Ihnen und Ihrer Familie eine fundierte Entscheidungsgrundlage vor. Basierend darauf fällt es Ihnen und Ihrer Familie leicht, sich für jene Nachfolgeregelung zu entscheiden, die sie alle umsetzen möchten.

Eine für die Umsetzung erfolgskritische Phase im Prozess der Nachfolge ist der Übergang der Gesamtführungsverantwortung des Hotels von Ihnen auf Ihren Nachfolger. Dass Sie das Eigentum am Hotel z. B. erst zu einem späteren Zeitpunkt übergeben werden, ist mit Ihrer Familie abgestimmt (vgl. oben die Kreise „Hotel“ und „Gastgeber“).

Übergangsphase und die Zeit nach der Übergabe

Sie als Übergeber und Ihr Nachfolger stehen gleichermaßen vor schwierigen Aufgaben. Sie sind unter anderen gefordert, unabhängig zu werden, und zwar unabhängig einerseits von der tagesfüllenden, sinnstiftenden und prestigeträchtigen Beschäftigung als aktiver Gastgeber. Andererseits gilt es, unabhängig zu werden vom laufenden Einkommen, sei es als aktiver Gastgeber, sei es als Pensionist (Zusatzpension). Die Abhängigkeit vom tagesfüllenden Geschäft als Gastgeber können Sie abbauen, in dem Sie nach Ihrem Ausscheiden aus der Gesamtführungsverantwortung für das Hotel z. B. verstärkt Aufgaben für das Gemeinwohl übernehmen und weiterhin als Berater Ihres Nachfolgers tätig sind. Die finanzielle Unabhängigkeit verschaffen Sie sich am ehesten durch den frühzeitigen Aufbau von Vermögenspositionen außerhalb des Hotels (private Vorsorge), also noch während Ihrer Zeit als aktiver Gastgeber. Dadurch sind Sie später nicht zwingend darauf angewiesen, dass das Hotel ihre Zusatzpension auch finanzieren kann.

Ihr Nachfolger wiederum ist unter anderen gefordert, von Ihnen als Gesamtführungsverantwortlicher und Eigentümer des Hotels unabhängig zu werden. Dies erreicht er, in dem er – entweder vor seinem Einstieg oder während seiner Zeit als Gastgeber – die dafür erforderlichen Kompetenzen aufbaut bzw. weiterentwickelt und zunehmend mehr operative und strategische Führungsverantwortung übernimmt.

Je nach Ausgangslage erscheint ein sofortiger oder stufenweiser Übergang der Gesamtführungsverantwortung für das Hotel von Ihnen auf Ihren Nachfolger angezeigt. Auch hier gilt: Miteinander reden ist das Wichtigste. Im Gespräch mit Ihrem Nachfolger entwickeln Sie einen Plan, der festhält, welche Aufgaben und welche damit verbundene Verantwortung wann von ihm wahrgenommen werden sollen. Idealerweise halten Sie das Ergebnis ihrer Vereinbarung schriftlich fest. Empfehlenswert ist, dass Sie in der Vereinbarung ebenfalls das Datum Ihres Ausscheidens aus der Gesamtverantwortung für das Hotel (Führung und Eigentum) festlegen.

Starten Sie frühzeitig mit der Planung der Nachfolge

Ein Generationswechsel ist in der Regel zeitintensiv und nicht von Heute auf Morgen zu bewältigen. Erhöhen Sie sich und Ihrer Familie daher den Handlungsspierraum zur Gestaltung Ihrer bestmöglichen Nachfolgeregelung, indem Sie frühzeitig mit den Vorbereitungen dazu beginnen.

 

[1] Verschieben Sie dafür die Nulllinie in Abb. 2 gedanklich nach oben.

 

 

Diesen Beitrag finden Sie auch in der aktuellen Broschüre „Betriebliche Nachfolge“ der Hypo Tirol Bank.
Bestellen Sie diese informative Broschüre per E-Mail.

PDF Download