Der Nächste bitte

Miteinander reden ist das Wichtigste

Eine gute und frühzeitige Vorbereitung der Nachfolge erhöht die Aussicht auf die erfolgreiche Weiterführung des Hotels. Clemens Westreicher, Berater für die familiengeführte Ferienhotellerie im Tourismusbereich und Spezialist für Betriebsübergaben, im Gespräch.

DAS INTERVIEW FÜHRTE SYLVIA AINETTER .

SAISON: Herr Westreicher, wie lange muss eine Betriebsübergabe vorbereitet werden?

CLEMENS WESTREICHER: Je früher man anfängt, umso besser ist es. Umso

größer ist auch die Aussicht auf eine erfolgreiche Fortsetzung der Familientradition. Am besten macht sich der Übergeber bereits mit Anfang/Mitte 50 Gedanken darüber, wie es einmal weitergehen soll, wenn er nicht mehr im Hotel tätig ist. Aber auch das Alter des Übernehmers spielt eine Rolle: Denn mit Ende 20,Anfang 30 ist die Motivation am größten,den Familienbetrieb zu übernehmen. Nicht selten ist es aber so, dass der Übergabezeitpunkt zu spät angesetzt wird und die Kinder ihre Existenz daher außerhalb des Hotels aufbauen.

Wie sollte man also bei einer Übergabe vorgehen?

Am allerwichtigsten ist die Kommunikation in der Familie. Alle Familienmitglieder sollten über die Nachfolge mit­ einander reden und das mehrmals und laufend. Alle Familienmitglieder sollen die Gelegenheit haben. offen zu sagen. was sie wollen und was sie nicht wollen. Das ist nicht immer selbstverständlich. Wichtig ist, dass Fragen geklärt werden. wie zum Beispiel: Was möchte die Übergebergeneration? Will überhaupt eines der Kinder das Hotel übernehmen? Ist der Nachfolger qualifiziert genug? Welche Vorstellungen und Ansprüche haben die Geschwister? Wie soll es mit dem Hotel weitergehen? Wie steht das Hotel finanziell da? Wie stark will die Übergebergeneration nach der Übergabe im Hotel noch tätig sein? Dies sind nur einige Fragen. die am besten bereits sehr früh innerhalb der Familie zu stellen und zu beantworten sind. Denn je früher diese Fragen angegangen werden. umso größer ist der Handlungsspielraum.

Warum hapert es so oft an der Kommunikation?

Ein Punkt ist sicherlich das fordernde Tagesgeschäft. Dieses lässt häufig wenig Raum für solche Gespräche. Dann bedeutet eine Übergabe aber auch ein Loslassen, ein Loslassen von Geld und Macht. Es geht um Anerkennung und Respekt. Und nicht zuletzt um den Gedanken an das eigene Vergehen. Denn wer über die Übergabe des Betriebs spricht, ist unmittelbar mit einer unliebsamen Frage konfrontiert: Was passiert, wenn ich einmal nicht mehr da bin‘ Das ist natürlich alles andere als einfach.

Wie kann ein Übergeber seinen Nachfolger im Betrieb etablieren?

Viele Unternehmerkinder kommen nicht selten .zufällig‘ in den elterlichen Betrieb und erledigen dann tagesaktuelle Aufgaben oder solche, die sie gerne machen. Für die Übergabe und alle Beteiligten wäre hingegen ein Eintritts- und Entwicklungsplan bis hin zum Übergabezeitpunkt und darüber hinaus hilfreich. Ergänzend dazu ist auch ein Austrittsplan für die Übergebergeneration förderlich. Wenn diese Pläne dann auch noch unter anderem gegenüber den lang­ jährigen Mitarbeitern, den Lieferanten und der Bank kommuniziert werden, lösen sie eine starke Motivation beim Übernehmer und eine hohe Verpflichtung beim Übergeber aus.

Welche Probleme treten beider Übergabe am häufigsten auf?

Es kann schon vorkommen, dass der Übergeber seine Familie nicht einbindet, sondern die Übergabe auf eigene Faust regelt. Also ohne zu klären, ob der Kronprinz überhaupt in den Betrieb einsteigen will und unter welchen Bedingungen die Übernahme wann erfolgen soll. Daher ist der Prozess der Willensbildung und Willensabstimmung so wichtig. Dieser dauert oft mehrere Jahre und ist nicht immer konfliktfrei und mit vielen Emotionen verbunden. Wenn die Familie aber einmal weiß. was sie will und was möglich ist, ist alles andere relativ einfach. Die „Technik“ – Strategie, Steuern, Betriebsanlagengenehmigung, Pensionsregelung und so weiter – ist verhältnismäßig schnellerledigt.

Welche Arten der Übergabe gibt es denn?

 Die meisten Hoteliers wollen ihr Hotel an die eigenen Kinder übergeben. Dieser Wunschgeht bei circa jeder zweiten Übergabe in Erfüllung. Wenn eine Übergabe innerhalb der Familie nicht stattfinden kann werden Hotels häufig verpachtet. Ein Verkauf ist eher selten. da ein Käufer nicht einfach zu finden ist. Die Pachtlösung ist daher oft auch eine Übergangslösung. bis das Hotel verkauft wird oder ein Angehöriger doch noch die Nachfolge antritt. Eine weitere Möglichkeit ist. einen Hoteldirektor/Geschäftsführer anzustellen. Ein Geschäftsführer oder Pächter löst die Nachfolge aber nur zum Teil. Er kann jedoch eine Lösung sein für Konstellationen. in denen die Nachkommen das Hotel übernehmen. im Hotel operativ aber selbst nicht tätig sind, weil sie zum Beispiel einen anderen Beruf ergriffen haben.

Woran liegt es, wenn keine familieninternen Nachfolger zu finden sind?

Zum Teil sind keine Kinder vorhanden. Ferner eröffnen andere Interessen und Ausbildungswege neue Möglichkeiten und Chancen für die nächste Generation. Kommt zu den Anforderungen, die der Beruf des Hoteliers an den Nachfolger und seine Familie stellt, noch ein Haufen Schulden hinzu kann die Bereitschaft, das Hotel zu übernehmen, sinken. Mit anderen Worten: Wenn nach notwendigen Investitionen. den bestehenden Schulden, Zahlungen an Eltern und Geschwister und den Übergabekosten wenig Spielraum für ein angemessenes Gehalt bleibt, erscheinen lange Arbeitstage. wenig freie Wochenenden etc. wenig attraktiv. Häufig werden auch noch familiäre Auseinandersetzungen im Betrieb ausgetragen, was ein Zusammenleben unter einem Dacherschwert. wenn nicht sogar verunmöglicht. Es ist nicht mehr selbstverständlich. dass die Kinder das elterliche Hotel übernehmen. Daher gehört zu einem gelungenen Übergabeprozess auch, dass das Hotel und die Familie fit für die nächste Generation gemacht werden.

Woran können Übergaben Ihrer Erfahrung nach sonst noch scheitern?

Abgesehen von der finanziellen Belastung scheitert es oft auch an der Übergebergeneration: Das Loslassenfällt schwer. Ob eine Übergabe geglückt ist. zeigt sich ohnedies erst Jahre nach der Übergabe. Wie entwickelt sich das Hotel wirtschaftlich? Ist es den Senioren gelungen. ihre freie Zeit mit Aktivitäten zu füllen. die außerhalb des Hotels sind, oder mischen sie sich noch in die Hotelführung ein? Eine gute Vorbereitung der Übergabe umfasst daher auch die Phase nach dem formalen Übergabezeitpunkt.

Vielen Dank für das Gespräch. 

 

ZUR PERSON

Clemens Westreicher stammt aus einer Serfauser Hoteliersfamilie. studierte Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien und leitete selbst mehrere Jahre das elterliche Hotel bis zur erfolgreichen Nachfolgeregelung innerhalb der Familie. Nach mehrjähriger Beratungstätigkeit in Österreich und der Schweiz leitete Herr Westreicher die Vamed Vitality World.2010 gründete er die WESTREICH ER CONSULTING und begleitet familiengeführte Ferienhotels im Alpenraum zu Fragestellungen in der strategischen Unternehmensentwicklung und in der Nachfolge

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